Christel Nunn 

Am 11. Januar 1974 wurde der „Schulbetrieb“ in der Volkstumspflegestätte Morschreuth, dem alten Schuzlgbäude mit einem Kurs zum Thema Holzmalerei aufgenommen. Erste Leiterin ist Frau Elisabeth Hümmer.

Als die Malerin Waltraud Süllner – unterstützt von ihrem Ehemann Hans Süllner -  die Leitung übernimmt, wächst das Kursangebot rasch an. In ihrem damaligen Dozententeam wirkt auch die Tochter des Ehepaares Süllner, Frau Christel Nunn, mit, die besonders Hinterglasmalkurse abhält.

Nach dem plötzlichen Tod von Frau Süllner im Jahre 1988 übernimmt nun Frau Christel Nunn die oberste Leitung in der damals Malschule genannten FSV - Einrichtung in Morschreuth.

Dass dieses Erbe nicht immer leicht war, kann ich aus eigener Anschauung, seit ich Kulturausschussvorsitzender im FSV geworden bin (also seit 1989) , bestätigen.  Manche Durststrecke, auch manche nicht immer leichte Konkurrenz, manche Anfechtungen mussten bewältigt werden.

Sehr eifrig wirkt an der Spitze Frau Nunn als Gesamt-Leiterin - und nach und nach auch als Multitalent z.B. für “verschiedenartige Malerei auf Holz“, Hinterglasmalerei, Bemalen von Ostereiern in den verschiedensten Techniken wie Ätzen, Ritzen, Färben mit Pflanzenfarben, Herstellung von Spruchbandeiern und Gebeteiern... mit.

Denn das besondere Charakteristikum von Frau Nunn ist, dass sie nach einer ersten Ausbildung im Stift Geras/Österreich stets mit großem Eifer laufend autodidaktisch weiterbildet. Immer wieder versucht sie neue Bereiche dieses brauchtumsorientierten Kunstzweiges zu erschließen. Sie studiert Vorbilder im Alpenraum, bemüht sich, diese auf hiesige, also fränkische Erfordernisse umzumodeln, entwickelt Bewährtes mit viel Kunstverstand kreativ weiter.

Daneben schart Frau Nunn seit Jahren ein sehr effektives Lehr-Kollegium um sich. In den etwa 22 Jahren der Ära Nunn fanden immerhin ca. 25 bis 30 Kurse  pro Jahr statt..

–          Über 500 werden da insgesamt wohl schon zusammenkommen sein...

Doch die Leiterin konnte sich hier in Morschreuth besonders entfalten, weil der Ort immer bestens miteingebunden war:

1:   Zunächst liegt das in meinen Augen in der Faszination dieses Dorfes selbst:

- Ich denke dabei zunächst an das von vielen Obstbäumen geprägte wunderschöne Landschaftsbild und an das ästhetisch anregende Umfeld mit dem Dorf und seinen gediegenen, von Gärten eingesäumten Bauernhöfen, dann an das alte Schulhaus neben dem kleinen Kirchlein - zeitlos schön – diese Harmonie nimmt einen schon von Weitem immer wieder sofort gefangen.

Das Schwelgen in Bildern ergibt sich fast von selbst – und spontan denke ich an:

-           endlos  sanft geschwungene lind - grün – blaue Höhenzüge,

-           knorriche Stoppeln, fettbraune Ackerfurchen und sattgrüne Wiesen mit Wäldern im Hintergrund in den verschiedensten Lichtschattierungen,

-           Kirschgärten in üppiger weißer Blüte oder mit reifen roten Früchten oder in  gelb-orange-rotem Herbstlaub...

Hier ist man in der Abgeschiedenheit der Hochfläche der Fränkischen Schweiz – unweit vom künstlerischen Höhepunkt Gößweinstein – dem Himmel so nahe (wie E. Arneth es ausdrückte)  – hier kann man eine wahre „Oase der kreativen Muse“ (= „Malerdorf“) entdecken.

- Dazu kommt, dass das in den Räumlichkeiten der ehemaligen Morschreuther Volksschule eingefangene spezielle Milieu in den zurückliegenden Jahren (als die Schäden noch nicht so gravierend waren und das Erscheinungsbild beherrschten) für viele Kursteilnehmer durchaus stimulierend und kreativ anregend...

- Und drittens: Getragen wird dies Wirken von einer Dorf - Gemeinschaft, die sich immer wieder nach Kräften  für ihre „Malschule“ einsetzt.

2: Und das ist besonders deswegen so schön, weil dort ein besonderes interessantes  pädagogisches Konzept gepflegt wird:

Denn zu all den genannte Äußerlichkeiten  kommt  hier im Kreativzentrum/in der Volkstumspflegestätte,

-           dass  noch ganz im Sinne der „ästhetischen Erziehung“ von Friedrich Schiller gearbeitet wird, deren Verlust heute von den Gurus moderner Pädagogik, den Hirnforschern, - nachdem sehr vieles versäumt worden ist - wieder heftig eingefordert wird;

-           hier wird, wie Schiller es ausdrückte,  der Weg „zum Kopf durch das Herz geöffnet“.

      (Und „Herz“ steht hier  für Seele, Gemüt, Stimmung und Sensibilität.)

Die Kurs- bzw. Lehrgangsleiter  verstehen es nämlich hervorragend, unaufdringliche, aber effektive  konstruktive Hilfen zu geben...

Dabei wissen sie genau, daß neben der angestrengten Arbeit auch die Erholung nicht zu kurz kommen darf: Es wird meist genügend Zeit für lange Spaziergänge, gemütliche „Wirtshaustreffen“ und Ausflüge in die Umgebung eingeräumt.

Eine gemütliche, oft stimmungsvolle Abschlußfeier am Kursende gehört als fester Bestandteil dazu, bei der den Kursteilnehmern liebevoll gestaltete Zeugnisse/bzw. Teilnahmebestätigungen  ausgehändigt werden.

Die Kursteilnehmer habe ich – bei meine  gelegentlichen Besuchen - stets als hoch motiviert und sehr interessiert erlebt , ja fast schon als eine Art verschworene Gemeinschaft – manchmal nur in kleinerer Zahl, manchmal auch in größerer...Es besteht stets ein überdurchschnittliches Interesse am jeweiligen künstlerischen Schaffen...

(Exkurs:

3: In einem kleinen Exkurs sollte vielleicht kurz daran erinnert werden, dass dies alles   nicht von ungefähr kam, sondern auf einem gewachsenen Fundament gründet:

Als nämlich  im Jahre 1969 nach 18jähriger Dienstzeit die Volksschule in Morschreuth geschlossen wurde, suchte man eine Weiterverwendung des Gebäudes. (Die vorgesehene und auch schon eingerichtete Näherei hat bekanntlich hier nie ihren Betrieb aufgenommen.)

- Die Fundament für die späteren Erfolge legten damals die  „drei Fritze“:

-           zum einen der damals umtriebige Orts-Bürgermeister Fritz Müller, der  über seinen Amtskollegen Hans Lang aus Allersdorf erfährt, dass der FSV eine Unterkunft für eine Volkstumspflegestätte sucht und weist ihn auf die günstige Gelegenheit hin. Fritz Müller geht darauf ein – was ihm von einem durchaus hochrangigen Politiker als „Spleen“ ausgelegt wurde, obwohl ihm wie er selbst bekannt hat, Bauernmalerei an sich noch nicht so bekannt war und er eher dabei an eine Art Ausstellung dachte;

-           dann der damalige Kulturausschussvorsitzende des FSV, Fritz Preis: Ihm tat besonders weh, dass damals viele Händler übers Land zogen und  für billiges Geld ausrangierte Truhen und Schränke aufkauften, weil bei vielen der Blick für den Wert dieser alten Stücke verlorengegangen war;

-           und schließlich gilt es  - neben Frau Elisabeth Hümmer vom Landwirtschaftsamt Forchheim und Frau Professor Dr. Irmgard Gierl aus München - , sich den Bauunternehmers Fritz Hubert aus Kleingesee zu erinnern.

...Und da hinter starken Männern oft eine Frau steckt, muss auch an den damaligen „guten Geist der Fränkischen Schweiz“ erinnert werden, nämlich an die Baronin und Landtagsabgeordnete Gudila Freifrau von Pölnitz.)

4: So hat sich „Morschreuth“ mit der angedeuteten selbstlosen Freundlichkeit und von Herzen kommenden Gastlichkeit sehr viele Freunde bis weit über die Grenzen der Fränkischen Schweiz hinaus geschaffen – die enormen Übernachtungszahlen auf Grund der „Volkstumspflegestätte“ legen hierfür Zeugnis ab.

Viele Kursteilnehmer kommen schon 10, 15 und 20 Jahre, viele auch noch länger schon...ja für so manchen ist die Fränkische Schweiz gar zur 2. Heimat geworden.

–          Beredte Zeugnisse für diese enge und herzliche Verbundenheit sind  die vielen rührenden Dankschreiben, die Frau Nunn in ihrer ganz persönlichen Schatzkiste verwahrt.

Albert Mages hat einst diese Quintessenz, die ich hier andeuten möchte, in einem Dankgedicht folgendermaßen zusammengefasst:

„...Es ist wirklich nicht nur das Malen allein, wofür wir uns herzlich bedanken.

Man freut sich ganz einfach hier zu sein, hier in Morschreuth, in Franken.“

Die „Morschreuth - Idee“, also die geschickte Verbindung von individuellem Kunsterleben und gemeinsamer Landschaftserfahrung,  hat sich also längst bewährt.

„Morschreuth“ hat sich zu einer festen Größe entwickelt und ist einfach nicht mehr wegzudenken.

Und so hat das „Malerdorf“ einen glänzenden Ruf nicht nur in Franken, in Bayern, ja in ganz Deutschland und auch darüber hinaus sich erarbeiten können.

Dank: Dieses besondere Verdienst hat einen Namen ... und das ist der von  Frau Christel Nunn. Darum sagen wir heute in diesem feierlichen Rahmen ganz herzlichen Dank. In den Dank einzuschließen ist natürlich auch das von ihr sorgfältig und mit Bedacht ausgesuchte und betreute  Dozenten-Team. (Walter Tausendpfund)