Frauentracht – Rückblick
Wie am 4. Juli 1964 von der Mitgliederversammlung beschlossen, gründete sich am 13. Dezember 1964 der Kulturausschuss des FSV und wählte mit Dr. Amandus Deinzer seinen 1. Vorsitzenden. In den drei Jahren des Wirkens von Dr. Deinzer stand anfangs wohl die Erschließung der Fränkischen Schweiz als Wandergebiet und damit die Entwicklung des Fremdenverkehrs im Vordergrund. Bald jedoch erkannte man auch, wie wichtig die Pflege und der Erhalt des Heimat- und Kulturgutes für die einheimischen Bewohner ist.
Als dann 1967 Fritz Preis Kulturausschussvorsitzender wurde, konnte er auf diesem, schon vorbereiteten Feld seine Ideen und Vorstellungen - vielleicht auch seine Träume - auf den Weg bringen. Ihm zur Seite standen damals einige einflussreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die, selbst voller Idealismus, helfen und unterstützen wollten. Aber auch in den Dörfern, da gab es sie, die Musikanten, Sänger und Poeten, die erst einmal angesprochen, auch bereit waren, auf dieser Welle der Begeisterung mitzuarbeiten.
So konnte der Arbeitskreis Volksmusik gegründet werden mit seinem Leiter Theo Haas aus Pretzfeld. Musik und Volkstanz führten unweigerlich zur Beschäftigung mit der Tracht: Die neugegründete Fränkische Schweiz - Kapelle wollte fränkisch eingekleidet sein. Sing- und Volkstanzgruppen, wie z. B. die „Pretzfelder Kerscht'nzupfer” wünschten sich eine auf die neue Zeit zugeschnittene Tracht.
Bildung einer Arbeitsgruppe Trachten
Schon viele Jahre beobachtete Fritz Preis das Vergehen der Tracht in den Dörfern der Fränkischen Schweiz. Noch 1937 konnte der Leutenbacher Pfarrer Dr. Georg Kanzler von 144 alltäglich Tracht tragenden Frauen in seinem Dorf berichten. Im Jahr 1968 zählten Herr Preis und Dr. Kanzler in Leutenbach noch 44 Trachtenträgerinnen. In den anderen Dörfern rund um die Ehrenbürg sah es nicht besser aus, und in den Juradörfern schritt diese Entwicklung noch schneller voran. Die jungen Frauen und Mädchen waren nicht bereit, die Kleidungsweise ihrer Mütter und Großmütter weiterzuführen.
Die damals um Fritz Preis zusammengefundenen Trachtenfreunde erkannten, dass man erneuern musste, sehr behutsam, nach altem Vorbild und trotzdem der Zeit angepasst. Herr Preis gewann einige kompetente Männer, wie zwei Nürnberger Schneidermeister und den Heimatforscher Ebermayr aus Nürnberg. Mit diesen und seinen Heimatfreunden aus der Fränkischen Schweiz wurde eine erste fränkische Herrentracht entwickelt, geschneidert und begeistert angenommen.
Unter der Leitung von Frau Baronin Gudila von Pölnitz bildete sich eine Arbeitsgemeinschaft, die sich die Aufgabe stellte, eine erneuerte Frauentracht zu schaffen.
Zu diesen ersten Trachtenerneuerern gehörten die Studienrätin Lilly Schottky aus Pretzfeld und Frau Monika Spörl aus Muggendorf. Etwas später kamen noch die Schneidermeisterinnen Kunigunde Hutzler aus Pretzfeld und Frau Grau aus Hagenbach dazu.
Am 5. Oktober 1968 luden Frau von Pölnitz und ihr Team die Verantwortlichen des FSV und die Öffentlichkeit zu einer ersten Trachtenvorführung auf das Schloss Hundshaupten ein. Und bei einem Heimatabend anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Ortsgruppe Pretzfeld im Oktober 1969 konnten auch die „Pretzfelder Kerscht'nzupfer” ihre neue, schmucke Tracht vorstellen.
Heute können wir nur noch mit Wehmut auf diese Zeit des Aufbruchs zurückblicken:
Trachtengruppen kleideten sich ein. Bekannte Persönlichkeiten trugen stolz ihre erneuerte Tracht in der Öffentlichkeit. Die landwirtschaftlichen Berufsschulen übernahmen das Schneidern nach neuem Vorbild in ihr Lehrprogramm. Viele werden sich noch an die legendäre Frau Artinger erinnern (ich kann hier nur wiedergeben, was mir von ihr berichtet wurde).
Frau Artinger kam regelmäßig vom Allgäu in unsere Region und leitete unzählige Nähkurse, die vom Landfrauenverband bzw. von den Ortsbäuerinnen organisiert wurden.
Der AK Trachtenerneuerung - Frauen
Etwa 1973 lernte Herr Preis die Münchner Volkskundlerin Dr. Irmgard Gierl kennen. Frau Dr. Gierl bereitete für das bayerische Fernsehen einen Film über die Fränkische Schweiz vor. Herr Preis konnte Dr. Gierl als Verbündete gewinnen. Sie erklärte sich bereit, der Erneuerung unserer Frauentrachten einen wissenschaftlichen Unterbau zu geben. Ihre Nachforschungen in den Dörfern unserer Region und im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg gipfelten 1974 in dem Entwurf „Die erneuerte Fränkische Schweiz Tracht für Frauen und Mädchen" und nachfolgend 1975 in der Trachtenmappe. Mit dieser Mappe hatten Schneiderinnen und Trachteninteressierte endlich eine Vorlage mit Zeichnung, Schnittmuster und genauer Nähanleitung, mit Materialempfehlung und auch mit einer Beschreibung der historischen Tracht.
Zwischenzeitlich war Frau Helga Bedacht aus Unterleinleiter zur Leiterin des Arbeitskreises Trachtenerneuerung berufen worden. Sie betreute das Ressort Frauentrachten, ihr Stellvertreter Friedrich Wittmann war für die Männertrachten zuständig. Frau Bedacht verstand es, den Frauen der Ortsvereine Mut zur Tracht zu machen. So konnte sie durchschnittlich jeden Winter drei Trachtennähkurse organisieren. Ein Stamm fachkundiger Trachtenschneiderinnen stand ihr zur Seite und war allerorts einsetzbar. 1975 konnte sie in der Volkstumspflegestätte Morschreuth zum ersten Mal die „Erneuerte Fränkische Schweiz Tracht" der Öffentlichkeit vorstellen. Der Bayerische Landesverein für Heimatpflege erkannte die fachgerechte Erneuerung an und gewährte ab 1980 auch Zuschüsse für Trachtennähkurse und Trachtenbeschaffung. Ende 1981 trat Frau Bedacht als Vorsitzende des AK-Trachtenerneuerung zurück und schied auch aus dem Arbeitskreis aus.
Am 9. Januar 1982 formierte sich der Arbeitskreis Trachten neu.
Vorsitzende des AK Trachten- Frauen war nun Frau Marianne Gast- Gehringer aus Rödlas, Vorsitzender AK Trachten- Männer wurde Schneidermeister Willi Lodes aus Hohenmirsberg. Zu den weiteren Mitgliedern des AK-Trachten zählten; Schneidermeisterin Cäcilie Wagner und Ernst Wagner aus Pegnitz, Schneidermeisterin Hannelore Heß aus Gräfenberg, Schneidermeisterin Inge Will aus Neunkirchen, Roswitha Amschler aus Hollfeld, Elisabeth Philipp aus Unterleinleiter, Elisabeth Roth aus Neunkirchen, Erika und Heinrich Bödecker aus Aufseß, Frieda Leyrer aus Ebermannstadt, Frau Schmidt aus Kirchenbirkig, zeitweise Frau Geldern aus Hiltpoldstein, Ingeburg Nickel und etwas später gesellte sich Carola Weishar aus Eggolsheim dazu, sowie Fritz Preis. Im Großen und Ganzen führten wir unsere Arbeit weiter wie von Frau Bedacht vorgezeichnet. Sehr fleißig wurde für die erneuerte Tracht geworben. Nähkurse wurden organisiert und des öfteren Trachten vorgeführt. Als besonders gelungen können die große Trachtenvorstellung in Ebermannstadt am 25. April 1982 im Gasthof „Zum Schwanen" und die Vorführung von „alten" und erneuerten Trachten am 26. September 1982 auf der romantischen Burg Zwernitz hervorgehoben werden.
Nicht ganz einfach war für unsere Trachten- Selbstnäherinnen die Beschaffung von regionaltypischen Stoffen. Die noch getragene Bauerntracht wurde aus immer üppigeren Materialien gefertigt. Teilweise wirkten sie schon recht protzig. Die Kittelstoffe mussten aus großblumigen Seidenjaquard und möglichst noch golddurchwirkt sein. Die Rock- und Schürzenstorfe standen in Üppigkeit kaum nach. Die einheimischen Geschäfte stellten ihre Sortimente dementsprechend zusammen. Das Angebot einer Weberei vom Chiemsee zeigte fast nur Trachtenstoffe mit oberbayerischen Mustern und Farben. Bei einem Besuch in der Weberei gelang es uns, den Weber von unseren Wünschen zu überzeugen und somit war es uns möglich, in gewissem Maße auf die Bemusterung Einfluss zu nehmen.
Ende der 80er Jahre spürte man ein leises Umdenken, sowohl bei den AK- Mitgliedern als auch bei den „Trachtenwilligen". Hatten wir bislang bei den Vorbereitungsabenden zu den Nähkursen immer geraten, bei den Farben und dem Ausputz die alte Tracht des Dorfes zu berücksichtigen, als Modell jedoch immer die „Erneuerte Tracht der fränkischen Schweiz" empfohlen, so war nun eine Hinwendung zum Alten erkennbar. Gerade im Jura, wo die Trachten immer etwas einfacher gehalten waren als im Forchheimer Umland, wollte man gern auch auf die alten Vorlagen zurückgreifen.
In dieser Zeit begann auch die Zeit unseres „Sammelns", denn später sollte ein Trachtenbuch entstehen. Wir trugen Trachtenbeschreibungen, Fotos und Zeichnungen zusammen. Leider kam es, aus welchen Gründen auch immer, zu keinem Buch.
Im Jahr 1989 legte Herr Preis den Vorsitz des Hauptvereins in die Hände seines Nachfolgers Karl Theiler und auch als Kulturausschussvorsitzender stand er nicht mehr zur Verfügung. Für den AK Tracht war dieser Wechsel nicht so leicht zu verkraften. Hatte doch Herr Preis in den langen Jahren „seinen" AK Trachten fürsorglich begleitet und gefördert.
1992 ging die Leitung des Arbeitskreises Frauentracht auf mich über. Nachdem es mir gelungen war, die Mitglieder des AK für eine gute und gedeihliche Weiter- und Mitarbeit zu gewinnen, konnte mit neuem Schwung an die Arbeit gegangen werden. Die Mitglieder des AK ab 1992:
Willi Lodes, verantwortlich für Trachten- Männer, Cäcilie und Ernst Wagner, zeitweise Schneidermeister Reinhard Albrecht aus Nürnberg, Hannelore Heß, Inge Will, Carola Weishar, Erika und Heinrich Bödecker, Roswitha Amschler, Grete Braun und Therese Regenfuß aus Hetzles, Dorothea Hösch aus Aufseß, Gerda Hummer aus Eggolsheim, Frieda Leyrer und Ingeburg Nickel, verantwortlich für Frauentrachten sowie Walter Tausendpfund als Kulturausschussvorsitzender.
Es warteten viele Aufgaben:
So ließ die Nachfrage nach Nähkursen nach. War der Markt gesättigt oder ließ das Interesse an der Tracht nach? Mit Trachtenvorführungen und Aufrufen an die Ortsvereine wollten wir hier entgegen wirken. Einige besonders gelungene Trachtenvorführungen sollen hier genannt sein:
- 1992 Trachtenvorführung von alten und erneuerten Trachten bei dem Heimattag in Ebermannstadt,
- 1992 Die Sternwanderung der FSV -Gruppen am 24. Mai nach Sanspareil führte zur Trachtenvorführung auf den Stufen der Burg Zwernitz,
- 1993 23. Juli Waischenfeld, der Vortrag von Walter Tausendpfund anlässlich des Romantikerjahres wurde umrahmt und geschmückt mit Musikdarbietungen und einer Trachtenschau,
- 1998 26. Februar, große Trachtenvorführung von alten und erneuerten Trachten beim Landfrauentag in Forchheim,
- 1998 13. September, Trachtenschau und kleine Ausstellung gemeinsam mit dem Fränkische Schweiz - Museum bei der Frankenlandausstellung in Bamberg,
- 1998 14. September, Trachtenvorführung von AK Mitgliedern und FSV Königsfeld gemeinsam mit dem Bauernverband bei der Frankenlandausstellung in Bamberg.
Durch die guten Kontakte zu dem Leiter des Fränkische Schweiz - Museums, Herrn Rainer Hofmann, war es mir möglich, einige Zeit ehrenamtlich in der Trachtenabteilung des Museums zu arbeiten. Diese „Lehrzeit" führte schließlich dazu, dass das Fränkische Schweiz - Museum Tüchersfeld und der Fränkische Schweiz- Verein im September 1994 eine großartige Trachtenausstellung eröffnen konnten. Unsere Forschungsergebnisse wurden als Aufsätze mit Fotos und Zeichnungen in der FSV Zeitung 3/94 und im Ausstellungskatalog des Museums „Trachten im Wandel der Zeit" veröffentlicht.
Bei vielen Gesprächen, sei es bei den Informationsabenden zu den Nähkursen oder sonstigen Gesprächen war zu erkennen, dass vor allem junge Frauen immer weniger von Trachten wissen. Um hier etwas gegenzusteuern, „erfanden" wir die „Kleinen Trachtenseminare".
Unser erstes Seminar veranstalteten wir 1995 in Ebermannstadt, dann folgten die Seminare 1996, 1998 und 2000 in Morschreuth. Die gut besuchten Nachmittage vermittelten den Teilnehmern fundiertes Wissen mittels Diavorträgen, jeweils gehalten von der Trachtenforscherin und -beraterin des Bezirks Mittelfranken Frau Evelyn Gillmeister- Geisenhof. Kurzvorträge von Trachtenkundigen aus unserer Region und Präsentationen von Trachten bzw. Trachtenteilen vermittelte Trachtenkunde zum Anfassen.
Themen der Trachtenseminare
- 1995: Gegenüberstellung von Trachten aus verschiedenen Orten der Fränkischen Schweiz. Und welche Tracht wird zu welchem Anlass getragen?
- 1996: Brauttrachten - geschichtlich gesehen und Originalstücke aus der Fränkischen Schweiz des 19. und des 20. Jahrhunderts.
- 1998: Kopfbedeckungen zur Tracht.
- 2000: Was macht die Tracht erst schön? - Schmuck und anderes Zubehör zur Tracht.
In den Jahren 1996/97/98/99 organisierten wir Busfahrten zum Gredinger Trachtenmarkt, die zusätzlich mit Besuchen von Museen verbunden wurden. Besucht wurden das Klöppelmuseum in Abensberg, das Leonische Industriemuseum in Roth und das Stadtmuseum in Amberg mit seiner Ausstellung „Kein alter Hut"
1997 realisierten wir endlich die schon lange geplante Anfertigung von Trachtenschnittmustern. Die von den Schneidermeisterinnen Cäcilie Wagner und Hannelore Heß gezeichneten 3-Größenschnitte von Leib und Kittel decken den Wunsch nach Schnittmustern der älteren Tracht, jedoch in schicker, modernerer Form ab. Mit diesen Vorlagen können im großen und ganzen alle Wünsche, ob für die ältere noch getragene oder für die erneuerte Tracht, schnitttechnisch abgedeckt werden.
Seit 1997 war unser Arbeitskreis jährlich mit je einem Informationsstand auf dem Forchheimer und dem Gredinger Trachtenmarkt vertreten.
Eine marktbegleitende Trachtenausstellung im Jahr 2000 in den Forchheimer Rathaushallen wurde von der AK-Leiterin mit aufgebaut. Auch die Heimattage 1997 in Hollfeld und 1999 in Heiligenstadt gaben Gelegenheit, mit Infoständen und kleinen Ausstellungen die Trachtenarbeit ins rechte Licht zu rücken.
Unser AK geht ins neue Jahrtausend mit einer etwas veränderten Mannschaft: So verstarb unser Mitstreiter Heinrich Bödecker, Ernst Wagner musste wegen Krankheit ausscheiden und Hannelore Heß verließ uns aus persönlichen Gründen. Hinzu gekommen sind im Laufe der Zeit: Lieselotte Stieg und Rita Lang aus Königsfeld, Monika Schwarz und Christine Hänfling aus Weißenohe, Friedel Riehlein aus Affalterthal, Christa Hösch aus Oberfellendorf, Hannelore Sonnig aus Niederfellendorf und Eleonore Martin aus Bärnfels.
Rückblickend stellt sich die Frage, lohnt sich dieser langjährige Aufwand überhaupt? Ist das Vergehen der Tracht überhaupt aufzuhalten?
Wir müssen anerkennen, dass es die Tracht als alltäglich bäuerliches Kleid auch in unserer Region, abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen, nicht mehr gibt. Die Gesellschaft hat sich verändert, d. h. die Unterschiede zwischen dem bäuerlichen und dem bürgerlichen Stand sind schon lange aufgehoben. Das bedeutet aber auch, dass es keinen Grund mehr gibt, eine eigenständige, bäuerliche Kleidungsweise zu pflegen. Oder doch? In vielen Dörfern tragen Frauen zu kirchlichen Feiertagen noch ihre eigentlich schon abgelegte Montur. Andere Frauen kleiden sich wieder neu mit Trachten ein, um hohen Festen damit einen würdigen Rahmen zu geben. Und es gibt unzählige Frauen, die sich erneuerte Trachten geschneidert haben oder schneidern ließen. Hinzu kommen die zahlreichen Gruppen, die sich stolz in ihren erneuerten oder historischen Trachten präsentieren.
Ich möchte mit den Worten unseres verstorbenen Ehrenvorsitzenden Fritz Preis abschließen:
„Aber was bedeutet für uns Heutige die Tracht unseres Landes? - Früher war sie das Gewand des bäuerlichen Volkes, heute aber ist sie der sichtbare Beweis unserer Einstellung zu unserem Land, seiner Tradition und einer Verpflichtung, es mit der Pflege und dem Schutz des übernommenen Gutes sehr ernst zu nehmen.”
Ingeburg Nickel