Heft 3 - Klaussteiner Bauernpsalter
Eine reimende Mesnerin ist sicher nichts Alltägliches. Die Klaussteinbäuerin und Mutter von fünf Kindern zieht vor allem aus diesem, ihren dritten Beruf Geist und Kraft für die materielle und intellektuelle Bewältigung ihres Alltags. Letzteres versuchte sie schon frühzeitig in kleinen Gedichten zu fassen.
Das Verwachsensein von Haus und Kirche, abgeschieden hoch droben über dem Ailsbachtal, fest verwurzelt mit dem felsigen Untergrund mit freiem Blick zum Himmel, das sind Voraussetzungen, dass Psalter von zum Teil wortgewaltiger Eindringlichkeit entstehen können. Die Themen ihrer Gedichte kreisen um ihre drei Berufe, bringen daher viel Autobiographisches zum Vorschein, beziehen aber auch aufmerksam und kritisch das Geschehen in der heimatlichen Umgebung, in der Region, in der Welt mit ein, soweit es die Einöde am Klausstein erfasst.
Es gibt kaum ein Thema, das von der Autorin nicht aufgenommen, geistig aufbereitet und schließlich sprachlich gefasst wird. Auch nur ein flüchtiger Blick in das Büchlein stellt fest, dass viele der 148 Gedichte ein tiefes, religiöses Anliegen verfolgen. Die oft kurz formulierten Meditationen zwingen den Leser zum Weiterdenken, auch zum Überdenken seiner Situation, seines eigenen Standpunktes. In diesen ,,Bekenntnissen“ strahlen Tugenden auf, die heute bei vielen Menschen keinen Glanz mehr haben, am Verblassen oder bereits verblasst sind, wie Demut, Vertrauen, Glaube, Dankbarkeit, Zufriedenheit, Ehrfurcht. Großartige Sprachbilder entstehen insbesondere, wenn das wechselnde Wirken der Natur Gegenstand der Betrachtung ist. Sie will aufschreien gegen den allgemeinen Werteverfall. Jedem Gedicht ist durchgängig ein Prosaabschnitt vorangestellt, in dem der Leser auf das Thema vorbereitet und eingestimmt wird.
Eva Thiele aus Oberailsfeld hat das Gedichtbändchen mit 30 Federzeichnungen einfühlsam illustriert. Sie nehmen die Gedanken der Autorin auf und begleiten sie.